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Kindergartenreife

Wie reagiert man am besten auf Kinder, die beim Abliefern im Kindergarten zu schreien und zu toben beginnen?

Um das Verhalten des Kindes zu verstehen, muss man in die Haut des Kindes schlüpfen. Zwischen zwei und drei Jahren beginnt sich das Kleinkind durch das Erlernen zahlreicher Fähigkeiten langsam von der Mutter zu lösen. Diese Ablösung funktioniert aber nur problemlos, wenn das Kind in seiner ersten Lebensphase, die von einer sehr engen Beziehung zur Mutter gekennzeichnet ist, tiefstes Urvertrauen geschöpft hat. Vor allem im ersten Lebensjahr ist die Mutter für die Bildung dieses Urvertrauens unersetzbar. Ebenfalls in dieser Frühphase muss dem Kind das Gefühl gegeben werden, dass es jederzeit wieder unter der Kittelfalte der Mutter Schutz suchen kann.

Missglücktes Urvertrauen ist oft der Hauptgrund für eine ängstliche Erlebniswelt des Kleinkindes. Werden Kinder, die so strukturiert sind, einer anderen Beziehungsperson - etwa einer Tagesmutter - übergeben, so kann das Kind nur mit Trotz seinen Ängsten Ausdruck verleihen. Ein weiterer Grund für die heftige Gegenwehr mag sein, dass Kinder in diesem Alter noch nicht über die sogenannte "Objektkonstanz" verfügen. Das heißt, geht die Mutter aus dem Kindergarten weg, so versteht das Kind nicht, dass es am Nachmittag wieder verlässlich abgeholt wird. Für das Kind ist die Mutter gefühlsmäßig "auf ewig verloren".

Kinder, die sich so verhalten, sind noch nicht gruppenreif. Man sollte auf das Kind hören und es nicht zwingen. Denn, wie viele Kinder werden bloß untergebracht? Wenn sie schreien, lassen wir sie verstummen. Das Kind sucht Ersatz für die Beziehung. Meist sind es materielle Geschenke statt einer persönlichen Beziehung - Videos statt Märchenerzählen. Das führt im schlimmsten Fall zu kontaktlosen Schulkindern und zu isolierten, manipulierbaren Internetfreaks, die ihre wahren Bedürfnisse in einer virtuellen Ersatzwelt befriedigen. Ist das das Ende der Gefühlskultur? Man sollte dem Kind auf alle Fälle vertrauen: Es hat recht, wenn es die Beziehung zu den Eltern auf diese Weise einfordert!

Dr. Haymo Uhl
Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde
Dipl. Arzt für Psychotherapie in Villach